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Abgasgrenzwerte – Deutsche Autohersteller schalten den Strom an

Die deutschen Premiumhersteller müssen bis 2015 die Abgasgrenzwerte ihrer jeweiligen Flotte um rund ein Viertel senken. Verfehlen sie das CO2-Ziel schon 2015, wirken die Daumenschrauben der EU. Eine Fülle von Elektro- und Hybridfahrzeugen

zeigen die globalen Anbieter auf der IAA (12. bis 22.09.2013) in Frankfurt. Auch die deutschen Autohersteller schalten beim Antrieb den Strom an, der ihnen helfen soll, die drastischen CO2-Limits für die Fahrzeugflotte zu erfüllen. Schmecken wird es den Autokäufern nicht:

Die Elektrifizierung treibt den Preis für Autos in die Höhe und der Praxisverbrauch dürfte Erwartungen des Verbrauchers nicht erfüllen.

Späteinsteiger in die Technik der Antriebselektrifizierung könnten das teuer bezahlen müssen. Denn es drohen empfindliche Strafen, wenn Autohersteller den für sie obligatorischen Flottendurchschnitt überschreiten. Schon der Abgasgrenzwert mit einem CO2-Ausstoß von 130 g/km, ein Verbrauch von 5,0 Liter Diesel oder 5,6 Liter Benzin je 100 Kilometer, bringt einige Hersteller ins Grübeln. Der Durchschnittswert aller neu zugelassenen Pkw in Deutschland liegt derzeit mit 141,4 g CO2/km nahe am Abgasgrenzwert-Limit, doch die 3,8 Prozent Verbrauchsreduzierung bei Neuwagen im Jahr 2011 konnten die Autohersteller 2012 nicht erreichen. Verfehlen sie das CO2-Ziel schon 2015, wirken die Daumenschrauben der EU und es werden empfindliche Geldstrafen für die Automobilindustrie für jeden verkauften Pkw fällig.

Das Folterinstrument heißt „Überschreitungsgramm“: Für das erste Gramm, das den jeweiligen CO2-Flottendurchschnittswert überschreitet, müssen je abgesetztem Auto fünf Euro Strafe gezahlt werden, für das zweite Gramm 15 Euro, für das dritte 25 Euro und ab dem vierten Gramm je 95 Euro. Ab 2019 müssen für jedes Gramm über dem Zielwert 95 Euro gezahlt werden. Das bedeutet bis 2019, dass zum Beispiel für vier Gramm CO2/km über den Abgasgrenzwert 140 Euro Strafzahlung pro Auto anfallen, beim Absatz von einer Millionen Pkw zerrt das an der Bilanz.

Nun hat die EU nicht alle Pkw über einen Kamm geschert. Ihre CO2-Verordnung ist facettenreich und hat beispielsweise auch einen auf das Fahrzeuggewicht abgestimmten Ansatz, der bei der CO2-Wert-Berechnung für jeden in der EU zugelassenen Pkw zum Tragen kommt. Mit dem so ermittelten CO2-Wert bestimmen dann die Hersteller den Durchschnittsverbrauch ihrer Flotte. Das Verfahren soll gewährleisten, dass die Produzenten von großen Pkw, die absolut mehr CO2 emittieren, gegenüber den Herstellern, die kleine Autos anbieten, nicht benachteiligt werden.

Die deutschen Premiumhersteller müssen laut dem Branchenverband VDA bis 2015 die CO2-Emissionen ihrer jeweiligen Flotte um rund ein Viertel senken, während von den französischen und italienischen Wettbewerbern eine Reduktion von etwa 13 Prozent erwartet wird. Um dieses Viertel zu schaffen, bringen die Deutschen jetzt verstärkt Hybride auf den Markt. Wächst der Marktanteil der Hybride, hilft es den Herstellern die CO2-Zielvorgaben zu erreichen und die Daumenschrauben zu vermeiden.

Die Streckbank droht den deutschen Premiumhersteller vorerst also nicht. Denn den im ständigen Ausschuss der Mitgliedstaaten und zuvor von EU-Parlament und Europarat ausgehandelten Kompromiss zur CO2-Regulierung von Pkw ab 2020 mit dem CO2-Flottendurchschnitt von 95 g/km, kippte Kanzlerin Angela Merkel mit ihrem Veto. Vor der Bundestagswahl am 22. September dieses Jahres scheint das opportun.

Aber für die Zulieferindustrie ist die Intervention Merkels ein Schlag ins Kontor, weil die Autohersteller erst mal die fortschrittliche Technik nicht einsetzen und den Zulieferern vorerst für die entwickelten effizienteren Antriebe jetzt der Umsatz beziehungsweise große Teile der Wertschöpfung entgehen. Denn ab der Mittelklasse bis hinauf in die Oberklasse werden laut Rolf Bulander, Vorsitzender des Bosch-Geschäftsbereiches „Gasoline Systems“, leistungsfähige Hybridsysteme bei 95 g CO2/km Standard werden müssen. In der Kompaktklasse schafft es der Diesel ebenfalls noch allein, doch die Benziner benötigen dort schon eine leichte Hybrid-Unterstützung. Aber Kleinwagen und Minis werden allein mit Effizienzsteigerung von Diesel- und Benzinmotoren die CO2-Ziele erreichen. Die 95 g CO2/km bedeuten immerhin einen Kraftstoffverbrauch je 100 Kilometer von weniger als 3,6 Liter Diesel und vier Liter Benzin.

Hybrid-Pionier Toyota bleibt bei der CO2-Problematik gelassen. Er startete vor 15 Jahren den Benzin-Hybrid-Antrieb und stattet aktuell 23 seiner Modelle damit aus. Toyota verkaufte von 1997 bis Ende Juni 2013 global insgesamt über 5,4 Millionen Hybrid-Pkw, einschließlich Pkw ihrer Marke Lexus. Letztes Jahr wählten weltweit 12,9 Prozent der fast 9,5 Millionen Pkw-Käufer von Toyota einen Hybridantrieb, und von den fast 83 000 Kunden in Deutschland waren es über 18 Prozent.

Dabei ist der Anteil des Hybridantriebs in Deutschland noch sehr gering. 2012 lag er laut Kraftfahrtbundesamtes bei knapp 0,7 Prozent der Pkw-Neuzulassungen – 2011 waren es 0,4 Prozent. Wobei 70 Prozent von den neu zugelassenen 21 438 Hybridautos Modelle des japanischen Toyota-Konzerns waren. Überraschenderweise rangiert der Kleinwagen Toyota Yaris Hybrid als Bestseller in Deutschland: Ein Pkw, für den laut Bosch kein Hybridantrieb notwendig wäre. Wolfgang Pester/mid 
 


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